Der Verein Freie Soziale
Dienste zwischen Elbe und Weser e.V. arbeitet seit 1991 in der ambulanten Krankenpflege sowie seit 1997 in der Tagespflege. Aus dieser Arbeit hat sich die Erkenntnis ergeben, dass Altenhilfe immer
zwei Zielgruppen haben muss:
die alten Menschen und ihre Angehörigen
Die Freien Sozialen Dienste zwischen Elbe und Weser e.V. verstehen ihr Ziel und ihren Auftrag unter anderem in der Entwicklung neuer Projekte basierend auf dem Hintergrund der Erfahrung, dass das
Netz herkömmlicher Hilfen für alte Menschen nicht ausreicht. Während der langjährigen Arbeit des Vereins ist deutlich geworden, dass
Angesichts der demographischen Entwicklungen und der zu erwartenden strukturellen Probleme der Gesellschaft
stehen bestehende Versorgungssysteme für pflegebedürftige alte Menschen in Deutschland vor einem Umbruch und neuen Herausforderungen. Finanzielle Probleme der Kranken- und Pflegeversicherung und
Kommunen sowie der sich verändernde Lebensstil der älter werdenden Gesellschaft erfordern neue Wege der Versorgung pflegebedürftiger älterer Menschen.
Im Kontext sozial- und gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen lassen sich für die Weiterentwicklung von
personenbezogenen Dienstleistungen für hilfebedürftige und pflegebedürftige ältere Menschen folgende Leitlinien zusammenfassen:
Die genannten Leitlinien
betonen die Autonomie und (Wahl)Freiheit des älteren Menschen als mündiger Bürger. Eine solche Sichtweise erscheint künftig noch zwingender, da nachrückende Generationen sehr viel selbstbewusster und
selbstverständlicher ihren gewohnten Lebensstil gerade im Alter leben wollen und auch bei Krankheit und schwerer Pflegebedürftigkeit nicht auf das vertraute häusliche Umfeld verzichten
wollen.
Die starke Reglementierung, Differenzierung und Segmentierung innerhalb der Bereiche Pflege und Gesundheit führt derzeit dazu, dass ältere Menschen eher einzelnen institutionellen Leistungsbereichen
zugeordnet werden, als umgekehrt.
Die aktuelle wissenschaftliche und praxisorientierte Diskussion zeigt, dass durch die (permanenten) Strukturprobleme des Altenhilfesystems u.a. neue finanzierbare und bedürfnisorientierte Wohnformen
für pflegebedürftige ältere Menschen zwingend erforderlich sind. Die Gestaltung und Umsetzung vernetzter wohnortnaher Angebote gewinnt vor diesem Hintergrund an Bedeutung.
Der Verein „Freie soziale Dienste zwischen Elbe und Weser e.V.“ stellt sich der Herausforderung und beschreitet mit dem Projekt „Haus Ella“ alternative Wege für die Unterbringung und Versorgung pflegebedürftiger Senioren.
In Anlehnung an bestehende Modellprojekte ambulanter Wohngemeinschaften haben die Freien
Sozialen Dienste zwischen Elbe und Weser e.V. das Konzept betreuter Wohngemeinschaften weiterentwickelt.
Eine bestehende Wohnanlage wurde in eine ambulante Wohngemeinschaft mit 10 Wohneinheiten
umgewandelt.
Neben dem bestehenden ambulanten Pflegedienst und einer Tagespflege mit 18 Plätzen wurde ein
gemeindeorientiertes vernetztes Pflege- und Wohnangebot geschaffen.
Zielgruppe der ambulanten Wohngemeinschaft sind ausschließlich pflegebedürftige ältere Menschen. Neben somatischen, gehören vor allemgerontopsychiatrisch Erkrankte zu der Zielgruppe der ambulanten Wohngemeinschaft „Haus Ella“.
Bei dieser ambulanten Wohngemeinschaft handelt es sich primär um eine betreute Wohnanlage. Die Bewohner
schließen mit dem Träger „Freie soziale Dienste zwischen Weser und Elbe e.V.“ einen Mietvertrag (Kosten pro Quadratmeter plus Nebenkosten). Die Grundversorgung in der Wohnanlage wird durch einen
zusätzlichen Betreuungsvertrag geregelt. Um auch bei Schwerstpflegebedürftigkeit in der Wohnung verbleiben zu können, ist die Grundversorgung umfangreicher als in „normalen“
Altenwohnanlagen.
Die Grundversorgung beinhaltet:
Zusätzlich zu den Betreuungsleistungen hat der Mieter auf freiwilliger Basis die Möglichkeit, Zusatzleistungen in Anspruch zu nehmen. Hierzu gehören:
Pflegerische Leistungen / Tagespflege
Notwendige pflegerische Leistungen werden über den ambulanten Pflegedienst erbracht und separat nach dem SGB XI abgerechnet. Der Mieter hat die Möglichkeit der freien Auswahl ambulanter Pflegeleistungen. Außer ambulanter Pflege besteht für den Mieter die Möglichkeit, neben dem Hilfsangebot in Sachen Pflege und Betreuung, Leistungen der Tagespflege in Anspruch zu nehmen. Die Leistungen der Tagespflege werden analog ambulanter Pflegeleistungen nach SGB XI separat abgerechnet.
Medizinische / Therapeutische Leistungen
Die medizinische Versorgung wird durch den
niedergelassenen Haus- bzw. Facharzt und therapeutische Leistungen durch niedergelassene Therapeuten (Ergotherapie, Krankengymnastik) gewährleistet. Die Finanzierung erfolgt
über SGB V und BSHG.
In der Regel sind Wohngemeinschaften ein Wohnangebot für alte Menschen mit hohem Pflege- und/oder Betreuungsbedarf. Der Umzug in eine Wohngemeinschaft erfolgt überwiegend nicht freiwillig, sondern weil die häuslichen und persönlichen Umstände bei der notwendig werdenden Hilfe keinen ausreichenden Schutz mehr bereithalten und zum Aufgeben der „gewohnten“ Wohnung und des selbständigen Haushaltes zwingen.
Wenn man die Äußerungen der älteren Menschen und deren Angehörigen ernst nimmt, wollen die älteren Menschen nichts anderes als ihr Leben „normal“ so weiter leben, wie sie es von zu Hause her kennen. Dies ist der Maßstab unseres weiteren Vorgehens. Im Kern beinhaltet ein normales „Leben“ – so die Wohngemeinschafts-Philosophie – die eigene Wohnung und die Chance auf eine möglichst selbstbestimmte Lebensführung.
Dabei gedeiht normales Leben in einem Klima, welches das Bedürfnis nach Intimität ebenso befriedigt wie das Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Kontakten.
Die Konzeption der
Wohngemeinschaft zielt darauf ab, eine ethische, psychologische, soziale und räumliche Qualität zu erzeugen, die das ehemalige Wohnmilieu der Mieter zum Vorbild nimmt, ohne auf fachliche Qualität von
Betreuung und Pflege verzichten zu müssen. Ziel ist, dass die Menschen, die alleine nicht mehr zurechtkommen, nach ihrem Umzug zumindest eine Situation vorfinden, die möglichst viele Merkmale ihres
früheren Lebens in sich trägt.
Einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität der pflegebedürftigen Mieter in ambulanten Wohngemeinschaften haben die Abläufe und das konkrete Handeln der beteiligten Akteure, vor allem das
Handeln der Mitarbeiter der beteiligten Pflegedienste und der Tagespflege.
Als wichtigste Merkmale einer qualitätsvollen Versorgung, besonders gerontopsychiatrisch erkrankter Mieter, lassen sich identifizieren:
Bundesministerium für Gesundheit: BMG Modellprojekte, Hausgemeinschaften, Band 8, Köln 2000, S. 18
Das Leben in der ambulanten Wohngemeinschaft wird von festen Bezugspersonen, den sogenannten Präsenzkräften, begleitet. Sie geben Hilfestellung bei grundpflegerischen Verrichtungen, sie bereiten gemeinsam mit den Mietern Mahlzeiten zu, waschen die Wäsche oder helfen bei der Herstellung von Kontakten zu Ärzten, Behörden oder Pflegefachkräften. Sie halten engen Kontakt zu den Angehörigen. Weitergehende Pflegeleistungen werden je nach individuellem Bedarf durch Fachkräfte des ambulanten Pflegedienstes erbracht. Der Nachtdienst wird mit einer Pflegefachkraft besetzt.
Grundlage für eine qualitativ hochwertige Versorgung ist der Aufbau von Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten, Pflegedienst, der Tagespflege, ambulanten therapeutischen Diensten (Ergotherapie, Krankengymnastik) sowie eine enge Zusammenarbeit mit Angehörigen/ Betreuern.
Weitere Merkmale: